Seide
Seide ist ein sehr edles Textil, das aus den hauchdünnen Spinnfäden der Kokons von Seidenraupen gewonnen wird.
Was ist Seide?
Seide wird von der Menschheit seit Jahrtausenden hergestellt und hochgeschätzt. Der Stoff wird aus den hauchdünnen Protein-Fäden gewebt, mit denen asiatische Seidenspinner ihre Kokons formen, wo sie sich von der Raupe zum Schmetterling verwandeln. Seide ist die einzige tierische Naturfaser, die nicht versponnen werden muss, da die Fäden sehr lang und formstabil sind.
Ursprünglich wurde Seide nur in China hergestellt, der Legende nach bereits seit 3.000 vor Christus auf Initiative des Kaisers Fu Xi. Über die Seidenstraße gelangte das luxuriöse Textil bis nach Europa. Auf Seide basierten bereits im Alten Rom große Teile des Welthandels. Heute sind auch Japan und Indien wichtige Produktionsländer für Seide.
Die äußeren Fäden des Seidenspinner-Kokons sind so lang und fein, dass sie einzeln verwendet werden können. Diese hochwertigste Seide nennt man Haspelseide. Als Bouretteseide oder Schappe-Seide bezeichnet man die Seidenfäden aus dem inneren Bereich des Kokons. Diese sind kürzer, weniger hochwertig und müssen versponnen werden. Ähnlich wie bei Wildseide ist die Oberfläche von Bouretteseide etwas unregelmäßiger. Seide gibt es in vielen verschiedenen Variationen, mitunter werden aber auch widersprüchliche und missverständliche Namen verwendet. Maulbeerseide ist eine andere Bezeichnung für herkömmliche Seide und bezieht sich auf das Hauptnahrungsmittel der Seidenraupen. Weitere Seidenarten wie Mugaseide, Eriaseide oder Anapheseide werden aus den Kokons anderer Schmetterlings-Arten gewonnen. Rohseide bezeichnet das Textil aus ungewaschenen Seidenfäden, die nicht glänzen und gelblich gefärbt sind. Tussahseide hingegen ist ein anderer Name für Wildseide: ein Material, das auf andere Art gewonnen wird und auch eine andere Stoff-Oberfläche ergibt.
Aus unterschiedlich behandelten Seidenfäden werden die unterschiedlichsten Stoffe gewebt:
Außerdem wird Seide oft mit anderen Fasern zusammen verwebt, um diesen ein edleres Erscheinungsbild zu geben oder die Vorteile miteinander zu kombinieren. Dies ist zum Beispiel der Fall bei Wolle-Seide (häufig für Babybekleidung genutzt), Bambus-Seide oder Seidenjersey, der gestrickt statt gewebt wird.
Vorteile von Seide
Die hochwertige Naturfaser hat viele Eigenschaften, die sie für die Verwendung in Textilien prädestinieren. Ihre hervorstechendste Eigenschaft ist ihr schöner Glanz und die glatte, sich kühl anfühlende Oberfläche. Daneben sind Seidenstoffe auch sehr fest und isolieren sowohl gegen Kälte als auch gegen Wärme. Ihre Kapazität zur Aufnahme von Feuchtigkeit ist eine der höchsten im Textilbereich: Seide kann bis zu 30 Prozent ihres Trockengewichts an Wasser aufnehmen, ohne dass sich der Stoff feucht anfühlt. Während Seide direkt nach Gewinnung reinweiß ist, kann sie durch verschiedene Färbetechniken mit jeder erdenklichen Farbe versehen werden. Diese Farbtöne sind außergewöhnlich klar und leuchtend.
Alle Vorteile von Seide auf einen Blick:
- sehr fest
- isolierend gegen Kälte und Wärme
- kühlende Wirkung im Sommer
- hohe Feuchtigkeitsaufnahme
- hautpflegend
- nahezu knitterfrei
- hypoallergen, geeignet für Asthmatiker*innen
- schimmelresistent
- schwer entflammbar
- lange haltbar
Wie wird Seide hergestellt?
Für die Herstellung von Seide werden Seidenspinner im großen Maßstab gezüchtet und gehalten. Die Seidenspinner-Raupen ernähren sich von den Blättern des Maulbeerbaums. Sie wachsen innerhalb von etwa vier Wochen zu einer Größe von bis zu zehn Zentimetern heran, dann beginnen sie sich zu verpuppen. Dazu wickeln sie sich in hauchdünne Seidenfasern, die sie mit zwei an ihrem Kopf befindlichen Drüsen produzieren und zu einem fortlaufenden Faden verkleben. Hat sich eine Seidenspinner-Raupe komplett mit den Fäden umwickelt, bilden diese einen schützenden Kokon. Darin kann sich die Raupe in einen Schmetterling verwandeln, der nach dieser Metamorphose schlüpft. Bevor dies geschieht – denn dabei wird der Seidenkokon zerstört –, tötet man die Raupen in einem heißen Wasserbad oder mit heißem Dampf ab. Aus den Kokons werden dann die einzelnen Seidenfäden wieder abgespult, wobei sie sich dank des Seidenleims zu einem durchgehenden Faden verkleben.
Die fertige Seide wird schließlich in Seifenwasser gekocht, um den Seidenleim herauszulösen, der der Seide ansonsten eine stumpfe Oberfläche verleihen würde. Aus 1 kg Kokons werden etwa 250 g Seide gewonnen; dafür müssen ca. 3.000 Seidenraupen sterben.
Ist Seide vegan?
Da bei der Herstellung von Seide die Seidenspinner getötet werden, ist dieses Textil für Tierfreund*innen und Veganer*innen keine Option. Anders sieht es mit Wildseide bzw. Tussahseide aus: Diese wird aus den Kokons hergestellt, die von den wild lebenden Tussahfaltern hinterlassen werden. Die Schmetterlinge sind dann schon geschlüpft, wenn die Seide gewonnen wird. Da die Fäden aus den zerstörten Kokons deutlich kürzer sind, hat Wildseide eine etwas gröbere, unregelmäßige Oberfläche.
Schließlich gibt es noch Lotusseide: Dieses Textil ist komplett tierfrei, es wird aus den Fasern von Lotusblumenstängeln gewonnen. Bisher wird Lotusseide nur am Inle-See in Myanmar gewebt, wo die Seidenweberinnen etwa eine Woche brauchen, um aus 10.000 Lotusstängeln einen Meter Seidenstoff zu weben. Die bronzefarbene Lotusseide ist die traditionelle Bekleidung für Buddha-Statuen und Mönche. Ein italienischer Designer stellt seit 2010 Luxus-Herrenmode aus dieser Seidenart her.
Bettwäsche aus Seide richtig waschen
Gegenüber Wasserflecken sind Seidenstoffe sehr empfindlich. Daher darf Seidenbettwäsche nur sehr vorsichtig gewaschen und gereinigt werden. Empfohlen wird in der Regel Handwäsche unter Verwendung eines schonenden Seidenwaschmittels. In der Waschmaschine würden die empfindlichen Fasern zu stark abgerieben werden, wodurch der Stoff seinen Glanz verliert. Nach dem Waschen muss die Seide gründlich ausgespült werden, um alle Seifenrückstände zu entfernen. Da die Seide im nassen Zustand sehr empfindlich gegenüber Verformungen ist, darf sie keinesfalls ausgewrungen oder gar geschleudert werden. Bügeln von links ist bei mittlerer Temperatur hingegen möglich.
Vorsicht: Unter direkter Sonneneinstrahlung bleicht gefärbte Seide schnell aus und verliert ihre leuchtenden Farben.