Ob Mittagsschlaf, Siesta oder Powernap - für die kurze Ruhepause in der Tagesmitte gibt es viele Bezeichnungen. In fast jeder Kultur spielt der Mittagsschlaf eine Rolle, also ist die Annahme naheliegend, dass Mittagschlaf gesund sein muss. Wir erklären Ihnen in diesem Beitrag, wann eine Mittagspause wirklich gut für Sie ist und wie lange Sie mittags schlafen sollten, damit Sie danach wieder neue Energie für die zweite Tageshälfte haben.

Mittagsschlaf, Siesta oder Powernap?

In Deutschland nennen wir ihn Mittagsschlaf oder Nickerchen, im spanischen Sprachraum heißt er Siesta und Erfolgstypen machen einen neudeutschen Powernap, um voller Tatkraft weiterarbeiten zu können. Tatsächlich werden mit den verschiedenen Namen auch verschiedene Funktionen und Arten von Mittagsruhe bezeichnet. Diese sind von der allgemeinen Schlafkultur eines Landes abhängig. So ist es in den warmen Ländern des Mittelmeerraums und dem Nahen Osten üblich, die heißesten Stunden des Tages zu verdämmern - dafür steht man morgens früh auf und bleibt abends lange wach, wenn die Sonne nicht so stark ist. Im Gegensatz zu diesen “Siesta-Kulturen” steht unsere mitteleuropäische Acht-Stunden-Kultur mit dem Monophasenschlaf. Hier und auch in Nordamerika schläft man nachts etwa acht Stunden am Stück und bleibt dafür den gesamten Tag über wach. Zwischen Schlaf, Arbeit und Freizeit gibt es genau festgelegte Grenzen, auf die großer Wert gelegt wird.

Eine dritte Schlafkultur wird in vielen asiatischen Ländern, in großen Teilen Afrikas und in Indien praktiziert: Diese “Nickerchen-Kulturen” pflegen keine strikt festgelegten Schlaf- und Wachzeiten. Stattdessen wird jede Gelegenheit tagsüber für ein kurzes Nickerchen genutzt - ob in der U-Bahn oder beim Warten auf einen Kunden. Dafür muss man dann nachts deutlich weniger als acht Stunden schlafen. Schlafen ist hier keine Privatangelegenheit und auch kein Zeichen von Faulheit oder Schwäche, weshalb man sich ohne Scham auch mitten zwischen fremden Menschen auf eine Parkbank legt und schläft. In China ist das Recht auf Xiu-Xi verfassungsmäßig festgelegt. Ethnologische Studien legen nahe, dass diese Nickerchen-Kultur dem ursprünglichen Chronotyp des Menschen am nächsten kommt.

Warum Mittagsschlaf biologisch bedingt ist

Auch in unserer Acht-Stunden-Kultur ist Mittagsschlaf kein absolutes Tabu. Kleine Kinder werden bis zum Schuleintritt mittags hingelegt, und auch ältere Menschen schlafen mittags gern ein Stündchen. Selbst wer niemals Mittagsschlaf macht, kann nicht verleugnen, dass er mittags nach dem Essen eine Phase der Ermattung und Müdigkeit durchlebt. Ist das Schlafen am Mittag also sogar biologisch angelegt? Der zirkadiane Schlafrhythmus durchläuft während des Tages und der Nacht verschiedene Phasen, in denen der Körper unterschiedlich stark aktiv und leistungsfähig ist. Etwa zwischen 2 und 4 Uhr gibt es eine Zeitspanne, in der die Körpertemperatur und der Blutdruck am niedrigsten sind. Genau 12 Stunden später passiert dasselbe, nur tagsüber: Obwohl mittags die Sonne hell scheint, wird dann vom Körper Melatonin produziert - ein Hormon, das beruhigt und den Schlaf einleitet. Bei etwa 80 Prozent der Menschen in Acht-Stunden-Kulturen kommt es zu einem messbaren Leistungsabfall über Mittag, das sogenannte Mittagstief setzt ein. Das Gehirn arbeitet langsamer und Aktivitäten werden anstrengender. Wer jetzt durchpowert, muss für dieselbe Leistung viel mehr Energie aufbringen, auf Dauer riskiert man sogar gesundheitliche Schäden. Nach einer Erholungspause steigt die Leistungsfähigkeit dagegen wieder um 35 Prozent. Es ist nicht zu bestreiten, dass viele Gewohnheiten und sogar körperliche Vorgänge heute stark von den Bestimmungen und Zwängen unserer Kultur und unserer modernen Gesellschaft bestimmt sind. Dass wir mittags müde werden, ist allerdings tatsächlich biologisch bestimmt. Für ein erfrischendes Nickerchen muss man sich nicht schämen, denn es bedeutet keinesfalls, dass man faul ist oder nachts zu wenig schläft.

Welcher Mittagsschlaf-Typ sind Sie?

Je nach Alter und Lebenssituation sind Mittagsschläfchen auch in der westlichen Kultur nicht ganz unüblich. Und während es Menschen gibt, deren Schlafrhythmus gar keinen Mittagsschlaf nötig macht, kann ein großer Teil von einer Ruhepause sehr profitieren. Dabei gibt es verschiedene Arten bzw. Typen von Mittagsschlaf, wie die American Sleep Foundation herausgefunden hat.

  • Erholungsnickerchen: wird nach Schlafmangel durch zu wenig Nachtschlaf nötig
  • prophylaktisches Nickerchen: kann zur Vorbereitung auf einen anstehenden Schlafmangel dienen, z. B. für Schichtarbeiter*innen vor und während ihrer Arbeitszeit
  • Entspannungsnickerchen: dient der reinen Freude am Nickerchen, weckt neue Energie und macht gute Laune
  • Ergänzungsnickerchen: wird meist bei Kindern nötig, wenn das Schlafpensum durch den Nachtschlaf nicht reicht
  • heilender Schlaf: bei Krankheit braucht der Körper mehr Schlaf, um sich zu erholen

Es kommt ganz darauf an, warum man mittags schläft - davon hängt dann ab, wie lang ein gesunder Mittagsschlaf sein sollte und wie man ihn am besten in den eigenen Alltag einbaut.

Wie lang sollte der Mittagsschlaf sein?

Es gibt noch nicht allzu viele wissenschaftliche Studien über den Mittagsschlaf, und zu allem Überfluss ergeben sie auch noch oft widersprüchliche Erkenntnisse. Dies gilt nicht nur für die gesundheitlichen Vor- und Nachteile von Mittagsschlaf, sondern auch für die richtige Länge. Wie die Aufteilung in verschiedene Mittagsschlaftypen sowie die unterschiedlichen Schlafkulturen zeigen, kommt es bei der optimalen Länge für den Mittagsschlaf ganz darauf an, welchen Zweck er erfüllt. Es gibt also nicht die eine perfekte Mittagsschlaf-Dauer, sondern verschiedene. Diese schauen wir uns nun etwas ausführlicher an.

10 Minuten: Powernap

Nicht mehr als zehn, maximal 20 Minuten sollte ein Powernap dauern, der wie ein Frischebooster für das Gehirn funktioniert: Alles fährt kurz herunter, aber nur so weit, dass der Körper noch wahrnehmungsfähig bleibt. Powernaps kann und soll man auch im Sitzen machen, etwa in der entspannten Kutscherstellung mit ausgebreiteten Beinen, oder nach vorn gebeugt auf der Tischplatte am Arbeitsplatz. Hilfsmittel wie der berühmte Schlüsselbund in der Hand sorgen dafür, dass man exakt dann aufwacht, wenn der Körper in den “richtigen” Schlaf übergehen will: Die Handmuskulatur entspannt sich, der Schlüsselbund fällt klirrend auf den Boden und man wacht rechtzeitig auf.

20-30 Minuten: Nickerchen

Im Bereich von 30 Minuten erreicht man eine kritische Schwelle: Hier geht der Körper in den ersten Tiefschlaf-Zyklus und entspannt komplett. Das ist zwar sehr erholsam, weil nun “richtig” geschlafen wird, allerdings fällt das Aufwachen sehr schwer: Der komplette Schlafzyklus von 90 Minuten wird unterbrochen, man fühlt sich groggy und nicht sehr erholt. Dieser Zustand kann bis zu einer Stunde nach dem Aufwachen anhalten - danach profitiert man trotzdem von mehr Energie. Übrigens: Kinder haben generell ein höheres Schlafbedürfnis als Erwachsene, für sie gilt diese Überlegung nicht. Man sollte Kinder also nicht wohlmeinend schon nach 30 Minuten aus dem Mittagsschlaf wecken, damit sie gut gelaunt sind.

90 Minuten: Siesta für den Kopf

Mittags eine ganze Stunde zu schlafen, ist nicht empfehlenswert. Auch hier besteht das Problem, dass man einen Schlafzyklus unterbricht, ungünstigerweise vielleicht noch in der Tiefschlafphase, aus der das Erwachen besonders schwerfällt. 1,5 Stunden bzw. 90 Minuten entsprechen einem kompletten Schlafzyklus aus Tiefschlafphase und REM-Schlaf. Der Körper kann in dieser Zeit neu Gelerntes verarbeiten und dauerhaft abspeichern, neue Ideen entwickeln und sich erholen. Aus einem 90-Minuten-Schlaf erwacht man entspannt und voller Tatkraft, deshalb ist so ein langer Mittagsschlaf bei Kreativen und schöpferisch tätigen Menschen beliebt. Wer sein gesamtes Schlafpensum auf drei oder vier Schlaffenster am Tag verteilt, kann mit diesem langen Mittagsschlaf einen deutlich kürzeren Nachtschlaf ausgleichen.

Mittagsschlaf: gesund oder ungesund?

Bei fast jedem Menschen fällt die Leistungskurve in der Mittagszeit ab. Bei manchen lassen Konzentration und Energie stärker nach, bei anderen weniger. Je nachdem, ob man ein Frühtyp oder ein Spättyp ist, tritt der Leistungsknick schon ab 11 Uhr auf oder er setzt erst gegen 13 Uhr ein. Fakt ist: Alle Messungen zeigen, dass ein Powernapping in der kritischen Zeitphase den Leistungsabfall am Nachmittag deutlich reduziert. Wenn das so gut wirkt, sollte doch ein Mittagsschlaf gesund sein?

In den letzten Jahren wurden mehrere Studien zum Mittagsschlaf veröffentlicht, die zum Teil widersprüchliche Ergebnisse erbrachten: Während mehrere Untersuchungen den Mittagsschlaf mit Vorteilen, wie einem niedrigeren Blutdruck und einem geringeren Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Verbindung bringen, ergab eine chinesische Studie an über 300.000 Erwachsenen in Großbritannien im Jahr 2020 das Gegenteil: Regelmäßiger Mittagsschlaf sei ursächlich für einen hohen Cholesterinspiegel, verstärke das Risiko für Fettleibigkeit und könne zu Depressionen führen. Noch genauer ging eine japanische Studie vor: Sie ergab für längere Mittagsschläfchen deutlich erhöhte Risiken für das Metabolische Syndrom und Diabetes Typ 2, während Powernaps unter 30 Minuten diese Risiken sogar senkten. Eine über sieben Jahre laufende kalifornische Untersuchung an älteren Frauen kam sogar zu dem Schluss, dass längere Nickerchen für diese Gruppe ein vorzeitiges Sterberisiko darstellen. Offenbar lässt sich keine allgemeine Aussage darüber treffen, ob Mittagsschlaf gesund ist - es kommt auf die Länge an, auf die Häufigkeit und darauf, wer den Mittagsschlaf macht.

5 Vorteile von Mittagsschlaf

Unbestritten hat Mittagsschlaf seine Vorteile, sonst würde er nicht seit Jahrtausenden in allen Regionen der Welt praktiziert. Wer schon einmal gesund und erfrischt aus einem Powernap aufgewacht ist und plötzlich eine blendende neue Idee für ein verzwicktes Problem im Kopf hatte, der weiß: Mittagsschlaf hat mehrere Vorteile. Wer sich ohne Ruhepause durch das Mittagstief quält und die Augen nur mühsam offenhalten kann, dem passieren Fehler, ist leichter reizbar, wird eventuell unfreundlich gegenüber Kunden und riskiert sogar Unfälle. Ein kurzer Mittagsschlaf ist nicht nur ein Stimmungsaufheller, der Aggressionen und triebgesteuertes Verhalten senkt. Er senkt auch den Blutdruck, kann das Gedächtnis und die Aufmerksamkeit stärken, nachgewiesen ist sogar die Verbesserung mathematischer Fähigkeiten. Entscheidend ist die richtige Länge - nämlich nicht mehr als 30 Minuten.

Mittagsschlaf: beste Zeit

Die passende Zeit für einen Mittagsschlaf wird nicht nur von unserer Leistungskurve und dem Schlafdruck bestimmt, sondern auch von gesellschaftlichen Zwängen: Erst wenn die Mittagspause da ist und man die Kantine besucht hat, darf man schlafen. Tatsächlich ist es wenig sinnvoll, eine Zeit für das Powernapping im Vorhinein festzulegen: Sie sollten ihn nur dann machen, wenn Sie ihn brauchen, also sich müde fühlen. Wann das ist, hängt von Ihrem Schlaftyp (Eule oder Lerche) ab und auch davon, wie viel Schlaf Sie in der vorigen Nacht bekommen haben. Generell ist es aber empfehlenswert, den Mittagsschlaf in einem Zeitfenster zwischen 12 und 14 Uhr zu machen. Wer später noch einen Powernap einlegt, der findet abends schwerer in den Schlaf.

Wann Mittagsschlaf ungesund ist

Wissenschaftliche Studien aus aller Welt haben gezeigt, dass Mittagsschlaf nicht grundsätzlich und für jeden Menschen gesundheitliche Vorteile bringt. Bestimmte Personengruppen profitieren von regelmäßigem Mittagsschlaf offenbar weniger, einige sollten ihn ganz vermeiden. Dazu gehören Menschen, die an Schlafstörungen leiden. Diese können durch einen Mittagsschlaf, so erholsam er auch sein mag, noch verschlechtert werden. Immerhin ist man dann abends noch weniger müde und findet noch schlechter in den Schlaf. Auch depressive Menschen sollten genau abklären, ob ihnen ein regelmäßiger Mittagsschlaf gut tut. Da immer mehr Studien vor einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Mittagsschläfer*innen warnen, sollte dies ebenfalls ernst genommen werden: Leiden Sie bereits an einer solchen Krankheit, sollten Sie sich mittags einen Wecker stellen, um nicht zu lange zu schlafen. Generell sind regelmäßige und ausgiebige Nickerchen am Mittag für Senior*innen wohl nicht empfehlenswert.

Hilft Mittagsschlaf beim Abnehmen?

Oft liest man in Lifestylemagazinen den Tipp, Mittagsschlaf würde beim Abnehmen helfen. Eine direkte, messbare Wirkung konnte allerdings bisher nicht wissenschaftlich bestätigt werden. Was allerdings stimmt: Ein Mittagsschlaf kann Stress abbauen und macht leistungsfähiger. Das kann dazu führen, dass man sich mehr bewegt - und dies wiederum hilft beim Abnehmen. Außerdem beeinflusst Müdigkeit nachgewiesenermaßen das Sättigungsgefühl. Wer müde ist, der fühlt sich hungriger und isst mehr als nötig. Der Mythos von “Schlank im Schlaf” resultiert aber vor allem aus einer Studie von 2010, die einen Zusammenhang zwischen der Schlafdauer und der Fettverbrennung feststellte: Wer (nachts) länger schläft, dessen Körper holt sich deutlich mehr Energie aus der Verbrennung von Fettzellen anstatt von Muskelmasse. Für einen kurzen Mittagsschlaf ist diese Erkenntnis allerdings ohne Bedeutung.

Mittagsschlaf bei Kindern

Wer Kinder hat, der weiß um die Bedeutung des Mittagsschlafs. Ohne das Nickerchen sind die Kleinen spätestens am Nachmittag unleidlich und quengelig - aber einschlafen wollen sie trotzdem oft gar nicht oder nur nach stundenlangem Vorlesen. Ist Mittagsschlaf wirklich für jedes Kind nötig, und wann sollte oder kann man damit aufhören?

Bis wann Kinder Mittagsschlaf brauchen

Babys und sehr kleine Kinder haben noch keinen etablierten Tag-Nacht-Rhythmus und zugleich ein sehr hohes Schlafbedürfnis. Ihre Schlafenszeiten verteilen sich anfangs gleichmäßig über die gesamten 24 Stunden des Tages. Erst nach einigen Monaten verfestigen sich Muster: Ein Großteil der Babys schläft dann die Nacht (mit Unterbrechungen für Stillmahlzeiten) durch und braucht tagsüber noch zwei oder drei kürzere Schläfchen. Mit einem bis zwei Jahren verringert sich das Schlafbedürfnis auf einen Mittagsschlaf, der allerdings eine sehr variable Länge haben kann.

Genauso individuell wie die Schlaffenster und das Schlafbedürfnis ist die Antwort auf die Frage, ob und wie lange ein Kind Mittagsschlaf braucht. In unserer westlichen Kultur ist es uns sehr wichtig, dass Kinder möglichst schnell die gesamte Nacht durchschlafen, am besten in ihrem eigenen Bett und Zimmer. Damit das klappt, darf das Kind tagsüber nicht zu lange schlafen. Tatsächlich gibt es mehr Kinder, als man denkt, die schon früh gar keinen Mittagsschlaf mehr machen und trotzdem den Tag ausgeruht überstehen. Ab drei Jahren ist das Wegbleiben des Mittagsschlafs für die meisten Kinder kein Problem mehr; allerdings sind Betreuungseinrichtungen wie Krippen und Kindergärten rein organisatorisch darauf ausgerichtet, dass alle Kinder zu einer bestimmten Zeit schlafen. Ob wirklich alle Kinder bis zum Schuleintritt einen Mittagsschlaf brauchen, darf zumindest bezweifelt werden.

Indizien, dass ein Kind keinen Mittagsschlaf mehr braucht:

  • Es ist ausgeruht und fit, auch wenn es keinen Mittagsschlaf gemacht hat.
  • Es findet mittags nur sehr spät oder gar nicht in den Schlaf.
  • Es wird abends erst sehr spät müde, wenn es noch Mittagsschlaf macht.
  • Es wacht nachts häufig auf oder hat sogar längere Wachphasen in der Nacht.

Auch wenn Ihr Kind eigentlich keinen Mittagsschlaf mehr macht: In besonders anstrengenden Phasen, etwa bei der Kita-Eingewöhnung, im Urlaub oder an Wochenenden mit viel Aktivität, kann es trotzdem ein Powernapping brauchen.

Ist Mittagsruhe genauso gesund wie Mittagsschlaf?

Oft beobachten Eltern eine Übergangszeit bei Kindern, in der sie keinen Mittagsschlaf mehr brauchen, aber dennoch die Ruhepause in der Tagesmitte. Wird die Einschlafzeit mittags immer länger und gibt es sogar Streit wegen des Mittagsschlafs, können Sie Ihrem Kind stattdessen eine Ruhepause anbieten: In dieser Zeit wird das Licht gedämmt und Sie lesen etwas vor oder spielen ein Hörbuch ab. So kann Ihr Kind auch ohne Schlaf eine kurze Pause vom Tag machen, sich entspannen und erholen.

Mittagsschlaf im Kindergarten: Fluch oder Segen

Viele Betreuungseinrichtungen haben den Mittagsschlaf so fest in ihre täglichen Routinen eingebaut, dass kein Abweichen möglich oder erwünscht ist: Alle Kinder müssen sich dann mittags auf die Liegen oder Matten legen und schlafen. Für Wachgruppen oder einzelne Kinder, die nicht (mehr) schlafen wollen, ist schlicht kein Platz oder keine Betreuungsperson vorgesehen. Tanzt Ihr Kind aus der Reihe und möchte mittags nicht schlafen, ist dann guter Rat teuer. Andererseits sind Eltern oft überzeugt, dass ihr Kind eben doch noch Mittagsschlaf braucht, weil es ja im Kindergarten immer brav schläft. Der größere Stresspegel in einer Gruppe voller Kinder, der Ansteckungseffekt von anderen müden Kindern und schlicht die Gewohnheit spielen hier aber oft eine größere Rolle als das tatsächliche Schlafbedürfnis.

Ein erzwungener Mittagsschlaf ist nicht nur psychologisch schädlich, weil über die körperlichen Bedürfnisse des Kindes hinweg entschieden wird - es kann auch den Familienfrieden nachhaltig stören und zu Schlafstörungen führen, wenn ein Kind regelmäßig tagsüber zu lange schläft. Schläft Ihr Kind an Kita-Tagen abends nur sehr schlecht oder sehr spät ein oder äußert es selbst den Wunsch, im Kindergarten nicht mehr zu schlafen, sollte das von Ihnen und der Einrichtung akzeptiert und möglich gemacht werden. Ein Schlafprotokoll kann Ihnen helfen, den tatsächlichen Schlafbedarf Ihres Kindes zu erkennen und gleichzeitig als Argumentationshilfe in der Kita dienen.

Hilfreiche Mittagsschlaf-Rituale für Kinder

Oft spürt man sehr deutlich, dass Kinder den Mittagsschlaf noch brauchen, weil sie ohne das Nickerchen am Nachmittag enorm unkonzentriert, quengelig oder regelrecht überdreht erscheinen - was eindeutig auf Übermüdung zurückzuführen ist. Trotzdem fällt vielen Kindern ab dem zweiten oder dritten Lebensjahr das Einschlafen mittags schwer. Das liegt in der Regel daran, dass sie schlecht abschalten können, weil Spiel und Spielgefährt*innen einfach zu spannend sind.

Mit diesen sanften Mittagsschlaf-Ritualen helfen Sie Ihrem Kind, entspannt und ohne Zwang einzuschlafen und die nötige Erholung zu finden:

  • Dunkeln Sie den Raum zum Schlafen nicht so stark ab wie abends, Ihr Kind soll ja nach etwa einer Stunde wieder aufwachen und nicht durchschlafen.
  • Führen Sie eine Mittagsschlaf-Routine ein und halten Sie sich immer daran: erst Zähne Putzen, dann Schlafanzug anziehen, dann vorlesen, dann die Spieluhr.
  • Fernsehen und andere elektronische Medien sollten am Vormittag tabu sein, genauso wie sehr aufregende Aktivitäten.

Mittagsschlaf bei Erwachsenen

Wir haben bereits gelernt, dass Mittagsschlaf bei Erwachsenen zwar biologisch angelegt ist, aber je nach Kultur anders ausfällt und vor allem nicht zwingend notwendig ist. Ob Sie einen Mittagsschlaf halten wollen, sollte sich nicht nach Vorgaben von außen oder gesellschaftlichen Gepflogenheiten richten, sondern allein nach Ihrem Schlafbedürfnis. Ein Powernap im Leistungstief am Mittag ist definitiv nicht ungesund, sondern vorteilhaft. Allerdings bieten in Mitteleuropa noch nicht viele Arbeitgeber die Strukturen und Gelegenheiten dafür an. Außerdem will auch Powernapping gelernt sein, schließlich muss man dafür binnen wenigen Minuten einschlafen können.

Für wen ist Mittagsschlaf empfehlenswert?

Ein gelegentlicher kurzer Mittagsschlaf ist für gesunde Erwachsene grundsätzlich nicht ungesund und, so legen Studien nahe, gesundheitlich sogar von Vorteil. Vor allem wenn Sie gegen Mittag einen erhöhten Schlafdruck verspüren, unkonzentriert werden und Fehler machen, sollten Sie sich einen Powernap gönnen und dies, wenn möglich, auch bei Ihnen auf Arbeit durchsetzen. Auch außerhalb der Arbeit kann ein Mittagsschläfchen gesund sein: Junge Eltern brauchen ihn zur Erholung nach durchwachten Nächten genauso wie Schichtarbeiter*innen und Frühaufsteher*innen, die körperlich hart arbeiten. Lassen Sie sich kein schlechtes Gewissen machen - Sie sind weder ein Faulpelz noch ein Schwächling, wenn Sie mittags ein Nickerchen machen. In der japanischen Kultur gilt ein Powernap als Beweis, dass man gerade viel geleistet hat, und wird entsprechend gewürdigt. Nach aktuellem Forschungsstand sollten Senior*innen und Menschen, die an Herz-Kreislauf-Erkrankungen leiden, ihre Mittagsschlafzeiten auf 20 bis 30 Minuten beschränken. Auch wenn es verlockend ist, den Nachmittag zu verschlafen: Ihrer Gesundheit tun Sie damit keinen Gefallen. Für Ihre Erholung und die nötige Ruhepause bietet sich ein ausgedehnter Spaziergang oder autogenes Training eher an.

5 Tipps für den Powernap im Büro

Dem Mittagsschlaf im Büro haftet immer noch der Ruf des faulen Beamten an. Dabei tun Sie damit etwas für Ihre Gesundheit und sorgen für bessere Leistungen am Nachmittag. Ihre*n Chef*in können Sie beruhigen: Für den schnellen Energiekick zwischendurch benötigen Sie keinen eigenen Ruheraum mit einem Bett. Effektives Powernapping kann genauso gut im Sitzen am Schreibtisch oder in einem bequemen Sessel gemacht werden. Suchen Sie sich für Ihren Powernap eine ruhige Ecke, in der Sie für 20 Minuten nicht gestört werden und in der Sie sich wohl fühlen. Arbeitskolleg*innen sollten Sie über Ihr Vorhaben informieren, damit man Sie in Ruhe lässt.

Diese 5 Tricks helfen Ihnen, schnell abzuschalten und schnell wieder fit zu sein:

  • höchstens 20 Minuten schlafen mit dem Schlüsseltrick: Nehmen Sie Ihren Schlüsselbund in die Hand, sodass er herunterfällt und Sie weckt, sobald sich Ihre Hand entspannt.
  • Raum nicht abdunkeln: Sie wollen ja nicht tief schlafen, sondern nur kurz ruhen. Dunkelheit bringt Ihren Tag-Nacht-Rhythmus durcheinander und bringt Sie dazu, länger zu schlafen als nötig.
  • Bürogeräusche ausblenden: Dabei helfen Ohrstöpsel, Noise Cancelling Kopfhörer oder auch entspannte Musik aus dem Radio. Das Handy sollte in der Zeit natürlich ebenfalls keine eingehenden Nachrichten melden.
  • Kaffee trinken: Damit Sie nach dem Powernapping schnell wieder fit sind, können Sie vorher ruhig einen Kaffee oder Espresso trinken. Die aufputschende Wirkung des Koffeins setzt erst nach etwa 20 Minuten ein - perfektes Timing zum Aufwachen!
  • Beine hochlegen: Zwar kann man auch in der Kutscherstellung (also sitzend mit breiten Beinen) oder vornübergebeugt auf der Schreibtischplatte schlafen. Um zu verhindern, dass Ihre Beine schlecht durchblutet werden und kribbeln, sollten Sie sich aber am besten in Ihrem Bürostuhl zurücklehnen und die Beine hochlegen. In dieser Position ist auch der Schlüsseltrick am besten durchführbar.

Mittagsschlaf mit Kontaktlinsen?

Wer Kontaktlinsen trägt, muss diese abends zum Schlafen in aller Regel herausnehmen, damit die Augen mit Sauerstoff versorgt werden. Wie ist das beim Mittagsschlaf? Wer es probiert hat, stellt meistens fest, dass sich das Auge nicht gut anfühlt, wenn man mit Kontaktlinsen geschlafen hat. Trockene Augen, verschwommenes Sehen, Rötungen der Hornhaut oder ein Fremdkörpergefühl sind häufige Beschwerden. Generell sollte man Kontaktlinsen nur solange wie unbedingt nötig tragen. Egal, wie sauerstoffdurchlässig sie sind und wie sorgsam man beim Einsetzen und Entnehmen vorgeht: Die Linsen stellen immer eine Belastung für die empfindliche Hornhaut dar. Wenn Sie Ihre Kontaktlinsen bei einem kurzen Powernap im Auge lassen, werden Sie sicherlich keine Schäden anrichten. Auch Tageslinsen können Sie während des Mittagsschlafs auf dem Auge lassen; sie sind so dünn, dass sie beim Herausnehmen wahrscheinlich beschädigt würden. Machen Sie aber regelmäßig Mittagsschlaf, sollten die Kontaktlinsen in der Zeit am besten herausgenommen werden.

Gesunde Alternativen zum Mittagsschlaf

Viele Erwachsene haben über Jahre gelernt, keinen Mittagsschlaf zu machen und so fällt ihnen das Einschlafen dann natürlich schwer. Oft gibt es auch schlichtweg keine gute Gelegenheit, um mittags auf der Arbeit ein Nickerchen zu machen. Mit diesen Tipps verschaffen Sie sich auch ohne Mittagsschlaf Erholung und eine kurze Ruhepause im Alltag, die Ihnen neue Energie gibt:

  • Eine kurze Yoga-Session (10 bis 15 Minuten) hilft beim Entspannen und gibt neue Konzentration.
  • Ein Spaziergang oder eine Runde leichtes Jogging an der frischen Luft bringt den Kreislauf in Schwung, ohne Sie zu sehr auszupowern.
  • Wenn Sie sich nicht müde fühlen: Eine Meditation, ein Podcast oder Ihre Lieblingsmusik bei geschlossenen Augen sorgen für eine Ruheinsel im stressigen Alltag und helfen, Stress abzubauen.
  • Wenn keine Pause möglich ist, wechseln Sie die Arbeitshaltung oder den Platz: Stellen Sie sich an Ihren Schreibtisch, laufen Sie zum Kopierer oder in die andere Abteilung hinüber.

Zusammenfassung

Ob ein Mittagsschlaf wirklich nötig ist? Diese Entscheidung mag von Tag zu Tag anders ausfallen. Und das ist auch in Ordnung! Aus medizinischer Sicht ist ein kurzer Mittagsschlaf oder Powernap gesund, solange er maximal 20 Minuten dauert. Das Bedürfnis nach einer Ruhepause am Mittag ist beim Menschen nicht nur biologisch angelegt. Das Nickerchen ergänzt auch den monophasischen Schlaf in der Nacht und hilft, den Leistungsknick in der Tagesmitte zu überbrücken. Abgesehen von sehr kleinen Kindern ist ein Mittagsschlaf aber für niemanden ein Muss. Aktuelle Studien zeigen sogar, dass regelmäßige, sehr lange Schlafpausen tagsüber mit erhöhten Risiken für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes Typ 2 etc. einhergehen. Ein Mittagsschlaf kann und sollte also nicht mangelnden Nachtschlaf ersetzen, sondern nur als kurze Ruhepause dienen: Dann kann er wahre Wunder wirken.

FAQ

Ist Schlafen am Tag gesund?
Wissenschaftliche Studien widersprechen sich teilweise in ihren Untersuchungsergebnissen, ob Mittagsschlaf gesund ist. Gesichert scheint, dass ein kurzer Powernap in der Mittagszeit die Gesundheit und Leistungsfähigkeit fördert. Längeres Schlafen am Tag ist dagegen eher ungesund, vor allem für ältere Menschen.
Wie viel Mittagsschlaf ist gesund?
Ein Powernap von 10 bis 20 Minuten ist gesund: Er fördert Konzentration und Aufmerksamkeit, sorgt für bessere Laune, senkt den Puls und den Blutdruck sowie aggressives, triebgesteuertes Verhalten.
Warum ist Mittagsschlaf ungesund?
Mittagsschlaf ist nicht per se ungesund. Untersuchungen haben aber gezeigt, dass Menschen, die regelmäßig längeren Mittagsschlaf halten, ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes Typ 2 und sogar Depressionen aufwiesen. Wer bereits unter Schlafstörungen leidet, tut sich mit einem Mittagsschlaf wahrscheinlich auch keinen Gefallen.
Wann sollte man den Mittagsschlaf abschaffen?
Babys brauchen noch sehr viel Schlaf, der über den Tag verteilt wird. Bis zum zweiten oder dritten Lebensjahr schlafen die allermeisten Kinder tagsüber noch einmal und brauchen diesen Mittagsschlaf, um Energie für die zweite Tageshälfte zu sammeln. Sobald ein Kind mittags deutlich länger zum Einschlafen braucht oder gar nicht mehr einschläft, nachmittags keine Zeichen von Übermüdung zeigt oder abends nur sehr spät einschläft, kann man den Mittagsschlaf abschaffen. Ruhepausen sind aber immer noch nötig, und in anstrengenden Phasen können auch ältere Kinder noch hin und wieder einen Mittagsschlaf brauchen.